Der Offene Kunstverein Potsdam e.V. - 34 Jahre bildende Kunst, Theater und internationale Projekte
Geschichte und Chronik des Offenen KunstvereinsGründung und Aufbau des Offenen Kunstvereins 1990–1999
Der Offene Kunstverein wird im April 1990 von Künstlerinnen und Kunstpädagoginnen mit dem Ziel gegründet, künstlerische Bildung in der Freizeit zu fördern. Der Verein entsteht in einer gesellschaftlichen Auf- und Umbruchsituation zwischen Mauerfall und Vereinigung, in der sich im letzten Jahr der DDR für zahlreiche soziokulturelle und künstlerische Initiativen neue Freiheiten auftun. 1991 beschreibt der OKeV die Motivation für seine Gründung mit Bezug auf die Transformation der ostdeutschen Gesellschaft ab 1989/90, in der alte Strukturen erodierten und neue erst geschaffen werden mussten: „Ganz einfach, wir wollten die aus vergangenen Zeiten bestehende Arbeit der Zirkel, Kurse und Gemeinschaften erhalten und unter den neuen, freieren Bedingungen fortsetzen. Wir sind der Auffassung, dass gerade jetzt und in Zukunft die soziale Bedeutung von gemeinsamer künstlerischer Arbeit von Menschen, die dies nicht aus Erwerbsgründen tun, von großer Wichtigkeit ist." (OKeV Flyer 1991)
In diesem Sinne schafft der OKeV 1991 in verschiedenen Teilen der Stadt, aber auch in angrenzenden Orten wie Werder, Stahnsdorf und Teltow, regelmäßige Kurse in Malerei, Grafik, Keramik, Figur und Akt. Im selben Jahr organisiert der Verein seine ersten Ausstellungen und Jugendprojekte, darunter eine Sommerwerkstatt auf Burg Rabenstein. 1993 initiiert der OKeV die ersten Kinder- und Jugendkunsttage, die sich in der Folge als festes jährliches Ereignis etablieren. Ein Bauernhof in Gottsdorf bietet ab 1994 jährlich einen breiten Entfaltungsraum für dieses Projekt, dessen künstlerischer Output an wechselnden Orten in Potsdam und Gottsdorf gezeigt wird.
Ab 1994 weitet der Verein seine Aktivitäten aus: Er organisiert weiterhin regelmäßige Malereikurse für Kinder, Jugendliche und Erwachsene und gründet die ersten Theatergruppen, die in den Potsdamer Kulturzentren Fabrik und Waschhaus proben. Ab 1997 beginnt der Verein mit der internationalen Jugendarbeit, die im Laufe der kommenden Jahre weiter ausgebaut wird und den Verein mit Bulgarien, Frankreich, Italien, Spanien und Polen zusammenführt.
Verstetigung im KunstWerk 2000–2010
Das Jahr 2000 ist von besonderer Bedeutung für den OKeV, denn nach zehn Jahren nomadenhafter Existenz im Potsdamer Stadtraum findet er endlich einen festen Ort und übernimmt die Räume der Potsdamer Kunstfabrik in der Hermann-Elflein-Straße 10. Die „Erste unabhängige Kunstfabrik Potsdams" in einem ehemaligen Fabrikgebäude im Hinterhof der damals sehr maroden Potsdamer Innenstadt wurde schon im November 1989 von Potsdamer Künstler*innen ausgerufen und war in den 1990er Jahren als Werkstatt und Ausstellungsort eine künstlerische Institution in Potsdam. Kooperationen und Überschneidungen mit dem OKeV gab es von Anfang an.
Auch wenn der OKeV die Kunstfabrik in KunstWerk umbenannte, übernahm er neben den Räumen auch in leicht abgewandelter Form das unverwechselbare Logo der Kunstfabrik – die Fabrik mit Zick-Zack-Dach und qualmendem Schornstein.
Im Jahr 2000 beginnt auch die institutionelle Förderung durch die Stadt Potsdam, die nun jährlich Mittel für den Verein bereitstellt. Zusätzlich erschließt sich der Verein durch Anträge bei Stiftungen und anderen Institutionen weitere finanzielle Ressourcen. Diese wegweisenden Veränderungen führen zu einer Ausweitung der Vereinsaktivitäten und tragen zu einer weiteren Professionalisierung bei. Nun kann der Verein drei Künstler*innen und eine Geschäftsführerin in Festanstellung beschäftigen. Die Anzahl der Kursteilnehmenden wächst dementsprechend auf 100–150.
Ab 2003 engagiert sich der Verein im Europäischen Freiwilligendienst und qualifiziert sich als Entsende- und Aufnahmeorganisation für Jugendliche zwischen 18 und 30 Jahren, die in einem europäischen Land ihrer Wahl einen Freiwilligendienst ableisten möchten. Der OKeV vermittelt ins Ausland und nimmt auch Freiwillige aus anderen Ländern auf. Seitdem bereichern Freiwillige den Verein jährlich auf eine nicht zu unterschätzende Weise.
2005 geht der Verein eine Kooperation mit dem neu entstehenden Studentischen Kulturzentrum der Uni Potsdam, dem KuZe, ein, das nun ebenfalls in der Hermann-Elflein-Straße 10 eingerichtet wird. In diesem Zuge wird das gesamte Areal umfassend umgebaut und saniert. Der OKeV setzt in dieser Sanierungsphase seine Arbeit in einem Ausweichquartier in der Schopenhauerstraße fort. 2005 eröffnet das KuZe, und auch der OKeV bezieht seine frisch sanierten Räume. Im selben Jahr erhält der OKeV für sein Großprojekt „Mad King/Parzival", an dem über 70 Kinder mitarbeiten, die Auszeichnung „Goldene Göre".
Herausragend ist im Jahr 2008 eine vom OKeV organisierte Jugendbegegnung unter dem Titel „Spur der Spiele" mit Jugendlichen und Künstler*innen aus fünf Ländern. 2009 beginnt mit einer deutsch-chinesischen Jugendbegegnung in Beijing ein deutsch-chinesischer Kunst- und Pädagogik-Austausch, der bis heute fortbesteht.
2010–2020
Im Jahr 2010 feiert der Verein sein 20-jähriges Jubiläum. 175.316 Stunden seiner Existenz zählt er zur Eröffnung der Jubiläumsausstellung „Retro-Perspektive". Nicht ohne Stolz blickt der Verein zu diesem Anlass auf die „drei Generationen Kunst", die er hervorgebracht hat. Auch einige der in den Kursen „aufgewachsenen" Kinder ziehen bei diesem Festakt eine Bilanz und richten an die Gründer*innen des Vereins die Worte: „Der Kunstverein war die Vase, und wir waren die Blumen. Er war Chaos, das Schiff für etliche Reisen, der Aussichtsturm für den Blick auf die Kulturen der Welt und ein Zuhause."
Spätestens im zwanzigsten Jahr seines Bestehens zeigte sich eine weitere Qualität des OKeV. Die Teilnehmenden kamen oft als Kinder und wurden, häufig in Gruppen, im Verein erwachsen. Die dortige Erfahrung kann sogar prägend für den weiteren Lebenslauf sein: Für einige war der OKeV das Sprungbrett in ein künstlerisches oder schauspielerisches Studium und der Beginn einer professionellen Karriere.
In den Jahren zwischen 2010 und 2020 setzt der OKeV seine Arbeit in den Bereichen Theater, Bildende Kunst und Theaterpädagogik fort. Neue Mitglieder kommen hinzu, einige der Freiwilligen bleiben im OKeV und gehören mittlerweile zum festen Team in der Verwaltung und den Kursen. Neue Theatergruppen gründen sich, wie 2013 die „Theaterfüchse" und 2015 das Kindertheater „Wirbelsonne".
Im Jahr 2019 bahnen sich erste künstlerische Vernetzungen mit Afrika an, und die Workshopreihe „Künste der Welten" wird ins Leben gerufen. Außerdem kooperiert der OKeV mit Potsdamer Schulen und bietet dort theaterpädagogische Projekte an. Im krisengeschüttelten Jahr 2020 feiert der OKeV sein 30-jähriges Bestehen und blickt voller neuer Ideen hoffnungsvoll in die Zukunft.